Wirtschaftliche Soforthilfe in der Coronavirus-Pandemie – Was Sie über die Hilfspakete des Bundes und der Länder wissen sollten

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Wirtschaftliche Soforthilfe in der Coronavirus-Pandemie – Was Sie über die Hilfspakete des Bundes und der Länder wissen sollten

Als Antwort auf die Herausforderungen durch die Corona Pandemie hat die Bundesregierung 50 Milliarden Euro Soforthilfe für Kleinunternehmer, Solo-Selbstständige und Angehörige der Freien Berufe zugesichert. Im Grundsatz bezieht dies auch alle Arzt- und Zahnarztpraxen mit ein, die wirtschaftlich unter der aktuellen Situation leiden.

Viele betroffene Praxisinhaber fragen sich nun, wie sie Hilfsgelder erhalten, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie viel Soforthilfe ihnen zusteht.

Antragsberechtigte und die Höhe der Soforthilfen

Die von der Bundesregierung zugesagten Soforthilfen für Kleinunternehmer, Solo-Selbstständige und Freiberufler kann auf Bundesebene zunächst jeder Selbstständige als Person oder jedes Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern, unabhängig vom Wirtschaftsbereich, beantragen.

Hierunter fallen ausdrücklich auch alle Angehörigen der Freien Berufe, somit auch alle Arzt- und Zahnarztpraxen.

Eine allgemeine Antwort auf die Frage nach der Höhe der Hilfen ist in dieser Einfachheit nicht zu geben. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Höhe der Hilfen nach der Zahl der Mitarbeiter als Vollzeitäquivalente (VZÄ) gestaffelt ist. Die genaue Staffel ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, wobei die Bundesländer die Hilfe des Bundes aufstocken. Die Bundesmittel stellen somit das Minimum dar und gestalten sich wie folgt:

  • Bis 9.000€ Einmalzahlung für 3 Monate bei bis zu 5 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente)
  • Bis 15.000€ Einmalzahlung für 3 Monate bei bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente)

Auf Landesebene gibt es dann unterschiedliche Ausgestaltungen hinsichtlich der Aufstockung dieser Beträge auf höhere Summen. Teilweise können dies bis zu 60.000€ sein, wie z.B. in Brandenburg. Auch gibt es Ausweitungsmöglichkeiten auf größere Praxis-/Betriebsgrößen auf teilweise bis zu 250 Mitarbeiter wie z.B. in Bayern oder Hamburg. Hier gelten jedoch individuelle Regelungen, die im Detail zu prüfen sind.

Wichtig ist hier, dass die Obergrenze für die Höhe der möglichen Finanzhilfe immer der Betrag des durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsengpasses in einem Zeitraum von drei Monaten ist. Folglich ist immer auch eine Quantifizierung des Liquiditätsengpasses notwendig!

Die Ziele des Hilfsprogramms und die Art des Zuschusses

Ziel der Bundesmittel ist es einen Zuschuss zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen durch laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten etc., zu bieten. Reine Verdienst- oder Einnahmenausfälle, die nicht zu einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage führen, werden nicht ausgeglichen.

Aus diesem Grund handelt es sich bei diesen Mitteln um eine finanzielle Soforthilfe als steuerbarer, nicht rückzahlbarer einmaliger Zuschuss und keinen Kredit. Eine Rückzahlung ist somit nicht notwendig. Nichtsdestotrotz muss der Zuschuss versteuert werden. Da zum aktuellen Zeitpunkt die Soforthilfe für den definierten Zeitraum März bis Mai 2020 gezahlt wird, können nur Anträge gewährt werden, die bis zum 31. Mai 2020 gestellt werden.

Die Voraussetzungen zur Beantragung

Wenn sich Praxen dazu entscheiden die Soforthilfen zu beantragen müssen Sie wissen, dass auch die geltenden Voraussetzungen von Bundesland zu Bundesland leicht verschieden sind. Zwar gibt es übergreifende Vorgaben, gerade auch durch die in der Soforthilfe enthaltenen Bundesmittel, die genaue Ausdetaillierung ist aber jeweils leicht unterschiedlich.

Grundvoraussetzung für die Beantragung ist jedoch übergreifend eine existenzgefährdende wirtschaftliche Schieflage, die unmittelbar mit der aktuellen Situation mit COVID-19 zusammenhängt. Diese Schieflage muss somit zu massiven Liquiditätsengpässen führen, die weder mit Hilfe von Entschädigungsleistungen, Steuerstundungen, noch mit sonstigen Eigen- oder Fremdmitteln der sonstigen Liquiditätsmaßnahmen ausgeglichen werden können. Zusammengefasst gilt hier also:

  • Die Praxis muss in Folge von Corona in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sein.
  • Folglich darf die Praxis vor März 2020, teilweise sogar vor 31. Dezember 2019, nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein.
  • Der Schadenseintritt muss nach dem 11. März 2020 liegen.
  • Die Praxis muss bereits eine Weile bestehen und darf nicht in den letzten Wochen erst eröffnet worden sein – hier gelten individuelle Zeiträume seitens der einzelnen Bundesländer.

Die Konkretisierung der Anforderungen durch die Bundesländer lassen sich wie folgt grob zusammenfassen:

Anforderung 1

  • Es ergibt sich seit dem 11. März ein Rückgang bzw. eine Stornierung von Aufträgen von >50% oder
  • Für den Monat der Antragstellung ergibt sich ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang von >50% verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz im Vorjahr (hierbei sollten im Vorjahr z.B. der aktuelle Monat und die zwei vorangegangenen Monate einbezogen werden; Beispiel: durchschnittlicher Umsatz Januar bis März 2019: 10.000 Euro; aktueller Umsatz März 2020: 5.000 Euro), und

Anforderung 2

  • die vorhandenen liquiden Mittel reichen nicht aus, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten (bspw. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten kann in manchen Bundesländern bei Personengesellschaften ein kalkulatorischer Pauschalbetrag für Lebensunterhalt des Inhabers hinzugezahlt werden (z.B. in BaWü 1.180,00 Euro pro Monat).

Das Antragsverfahren und erforderliche Angaben 

Auch die Antragsstellung für die Soforthilfen ist in den einzelnen Bundesländern individuell gelöst. Der Antrag für Bundes- und auch Länderhilfen wird immer im Bundesland, in dem sich der Praxissitz befindet, gestellt. Die Antragstellung erfolgt per Online-Formular. Zur Bearbeitung haben die Länder jeweils eine eigene Stelle eingerichtet – eine gute Übersicht mit Links und Kontaktdaten dafür bietet die BZÄK.

Wichtig zu wissen ist, dass es beim Ausfüllen des Online-Formulars aufgrund des großen Andrangs zu Wartezeiten kommen kann und der Zeitraum für die Antragsstellung teilweise zeitlich beschränkt wird z.B. auf 30 Minuten. Aus diesem Grund sollten Sie sich im Voraus mit den angebotenen Ausfüllhilfen vertraut machen und sich entsprechend informieren. In manchen Bundesländern werden auch entsprechende Checklisten bereitgestellt, die eine Vorbereitung auf die Antragstellung unterstützen. Zu den erforderlichen Angaben für Ihren Antrag gehören natürlich Stammdaten der Praxis sowie weitere Angaben zur Praxis wie etwa Mitarbeiterzahl, Bankverbindung, Steuernummer, Gründungsjahr, etc. Weiterhin ist die Notwendigkeit der Beantragung darzulegen – also, dass Sie die Hilfszahlung benötigen und warum.

Antragsprüfung und Mittel-Auszahlung

Genaue und gesicherte Erkenntnisse zum Prüfungsverfahren gibt es im Moment noch nicht. Wir sehen jedoch, dass die Angaben im Antrag erstmal einer reinen Selbstauskunft gleichkommen. Positiv nehmen wir war, dass die Anträge trotz der hohen Anzahl recht zügig bearbeitet und die Hilfen ausgezahlt werden. In Einzelfällen wurden bereits erste Hilfen in wenigen Stunden oder Tagen ausgezahlt. Wir können daher davon ausgehen, dass aktuell eine unbürokratische und eher großzügige Bearbeitung erfolgt. Dies kann durchaus bedeuten, dass im Nachgang gegebenenfalls noch einmal weitere Unterlagen eingereicht und der Bedarf noch einmal detaillierter nachgewiesen werden muss. Eventuell zu viel erhaltene, nicht benötigte Soforthilfe muss dann auch zurückgezahlt werden. Es ist daher wichtig, die jetzt vorliegenden Informationen als Grundlage des Antrags abzuspeichern und aufzubewahren. Das gilt auch für die Verwendung der erhaltenen Mittel. 

Unsere Ratschläge und Empfehlungen

1) Prüfen Sie in jedem Fall, ob Sie die Voraussetzungen für Soforthilfe in Ihrem Bundesland erfüllen.

2) Dazu betrachten Sie Ihre aktuelle Liquiditätssituation sowie Ihre kurzfristig zu bedienenden Verbindlichkeiten.

  • Sollte Sie nicht in der Lage sein letztere mit Ihren liquiden Mitteln zu bedienen, so ist eine der Voraussetzungen, nämlich die eines Liquiditätsengpasses, auf jeden Fall gegeben.
  • Als Grundlage für die Betrachtung dienen aktuelle Kontoauszüge, offene Rechnungen sowie die Zahlen aus der Buchhaltung (solvi flow) und dem Controlling (solvi control).Hinweis: Für Anwender von solvi control haben jüngst extra hierfür die Möglichkeit geschaffen, die BWA im csv-Format herunterzuladen.
  • Sprechen Sie uns oder Ihr Steuerbüro gerne an, wenn Sie bei der Ermittlung Hilfe benötigen!

3) Ferner sollten Sie untersuchen, ob sich im unmittelbaren Zusammenhang mit der Corona-Krise ein Umsatzrückgang von 50% oder mehr in Ihrer Praxis eingestellt hat.

  • Sollte auch dies gegeben sein, so dürften die Chancen auf eine begründete Beantragung durch Ihre Praxis gut stehen.
  • Da sich diese Fragestellung jedoch schwierig beantworten lässt, geben wir weiter unten einige konkrete Tipps wie Sie vorgehen könnten. 

4) Wichtig: Stellen Sie einen Antrag auf Soforthilfe nur dann, wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen und überzeugt sind, dass Sie ohne die Soforthilfe und eine wirtschaftliche Notlage geraten. Von der Stellung eines Antrags zur reinen Abfederung Ihrer entgangenen Gewinne oder Umsätze ist abzuraten.

5) Bitte beachten Sie auch, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) zur Folge haben können. Der Betrugstatbestand sieht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vor.

6) Da der tatsächliche Umsatz einer Praxis aus der Buchhaltung erst mit einem langen Zeitverzug feststehen wird und da dieser bei den meisten Praxen aufgrund der Einnahmeüberschussrechnung (anders als bei bilanzierenden Unternehmen oder Praxen) durch Zahlungen aus Leistungen der Vormonate verfälscht wird, bietet sich in diesem Fall eine kurzfristigere Betrachtung des Umsatzes an.

7) Konkret könnte man argumentieren, dass man bei Zahnarztpraxen zur Einschätzung der kurzfristigen Umsatzentwicklung auf die Leistungsstatistik zurückgreifen kann.

  • Hier bietet sich für die Analyse der Aufträge bzw. deren Rückgang zB. eine Auswertung des Bestellbuchs an.
  • Für die Analyse des Umsatzrückgangs könnten die abgerechneten oder erbrachten Leistungen der jeweils geforderten Zeiträume betrachtet werden.

8) Nach aktuellem Sachstand müssen bei Beantragung zwar keine Nachweise in Form von Auswertungen eingereicht werden. Die Bewilligungsbehörden, der Bundesrechnungshof, die Landesrechnungshöfe und die EU-Kommission können auf Verlangen jedoch jederzeit die zur Aufklärung des Sachverhalts und Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen und Informationen einfordern. Außerdem wurde angekündigt, dass auch im Zusammenhang mit Steuer- und sonstigen Prüfungen eine Überprüfung der Soforthilfe erfolgen wird. Wir empfehlen Ihnen daher unbedingt die Ergebnisse Ihrer Auswertungen unbedingt zu sichern und für den gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeitraum aufzuheben.

9) Wir gehen aktuell davon aus, dass viele Praxen die Voraussetzungen der Soforthilfe ggf. auch erst in den Monaten April oder Mai erfüllen werden. Es ist daher ratsam diese Überprüfung nach Ablauf bzw. am Ende der beiden genannten Monate zu wiederholen. Ferner ist es möglich, dass das Programm auf weitere Monate ausgedehnt wird. Auch hier wäre eine erneute Prüfung ratsam.

 

 

Disclaimer

Die Bereitstellung dieser Informationen stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Information dient lediglich dazu, Ihnen Handlungsmöglichkeiten und Hebel zur Überwindung einer eventuellen Liquiditätsknappheit aufzuzeigen. Die Durchführung solcher Maßnahmen sollte in jedem Fall rechtlich und steuerrechtlich geprüft werden. Wir übernehmen keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen.